DAS PROBLEM MIT DER RECHTEN BLINDHEIT

ABONE OL
11:54 - 23/10/2020 11:54
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BEĞENDİM

ABONE OL
Kaplan
Best

“Da ziehen Neonazis jahrelang kreuz und quer durch Deutschland und ermorden Menschen. Motiv: Hass. Ausländerhass. Der Hass geht so weit, dass sie von ihren Opfern Fotos machen und sich auf Videos ihrer Taten selbst rühmen. Menschlich tun sich hier Abgründe auf.” Martin von Mauschwitz (WDR) beschreibt die Situation der rechtsextremen Gewalt in Deutschland mit treffenden und zugleich eindrucksvollen Worten; viel bleibt eigentlich nicht mehr zu sagen. Lange Zeit ist Deutschland insbesondere dem “Rechten Terror” mit etwas Naivität begegnet und hat es permanent verharmlost. Nun ist sicher, dass der “Rechte Terror” systematisch gegen ”Fremde” vorgegangen ist. Was auch das Wort ”Fremd” in diesem Zusammenhang bedeuten mag.

”Döner-Morde”
Im Rahmen der Ermittlungen im Fall ”Döner-Morde” im Zeitraum 2000 bis 2006 konnte nun festgestellt werden, nachdem eine Polizisten durch dieselben getötet wurde, also der Terror sich gegen den Staat selbst gerichtet hat, dass die Rechten systematisch gegen Migranten vorgegangen sind. Mit der Ermordung von insgesamt neun Kleinunternehmern (acht Türken und ein Grieche) und einer Polizistin scheint die Liste aber nicht vollständig zu sein.
”Nagel-Bombe”
Auch bei dem blutigen Nagelbomben-Anschlag am 9. Juni 2004 in der Keupstraße in Köln waren 22 Menschen (allesamt Türken) verletzt worden. Die Täter hatten eine selbst gebaute Nagelbombe auf einem Fahrrad deponiert und per Fernsteuerung gezündet. Die Polizei suchte damals vergeblich nach zwei Männern im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, die kurz vor der Explosion von einer Videokamera aufgenommen worden waren. Die ermittelnden Behörden und auch der damalige Bundesinnenminister Otto Schilly (SPD) verkündeten, dass nichts auf ein fremdenfeindliches oder terroristisches Motiv hinweise. Besser lag mit seiner Vermutung der damalige türkische Botschafter Ali Irtemcelik, der von einer “terroristischen Tat” sprach. Doch damit nicht genug.
”Splitter-Bombe”
Auch bei dem Anschlag auf die Düsseldorfer S-Bahnstation ”Wehrhahn” am 27. Juli 2000 wird derzeit ein rechtsradikales Motiv geprüft. Bei dem Anschlag mit einer Splitterbombe waren zehn Menschen, überwiegend jüdische Einwanderer aus Osteuropa, die mit der Bahn zu einer Sprachenschule fahren wollten, verletzt worden. Eine junge Frau verlor damals ihr ungeborenes Baby. Auch wenn der Innenminister Friedrich zum ersten Mal von einem ”Rechten Terror” spricht und verspricht ähnlich verlaufende Fälle der letzten Jahre auf etwaige Verbindungen mit dem rechten Netzwerk prüfen zu lassen, bleibt die Verharmlosung der Rechten Gefahr in den meisten Köpfen der deutschen Politik und Gesellschaft bestehen.
”Legale İIllegalität”
Auch wenn das Ausmaß des Verbrechens noch nicht die Dimension eines Andreas Behring Breivik (Norwegen) angenommen hat, ist es nur eine Frage der Zeit wann dies erreicht wird. Schock und Starrheit gefolgt von Verzweiflung und Entsetzen, mündend in einer noch nie dagewesenem Zusammenhalt in Norwegen und anderswo waren angesichts der 91 toten Jugendliche kennzeichnend für den Ausmaß des Terrors. Wir haben miterleben können, dass der Terror nicht immer aus dem Linken oder muslimischem Lager kommt, vielmehr aber das Resultat von kranken Hirnen ist. Man darf fragen, ob Polizei, Verfassungsschutz und Politik sich dieser Dimension in der Vergangenheit immer bewusst gewesen sind. Die Schärfung des Bewusstseins ist die Grundlage dafür sich auch der Gefahr zu stellen und Ihr gewachsen zu sein. Der selbstbezeichnete “Nationalsozialistische Untergrund”, die für die ”Döner-Morde” und sehr wahrscheinlich auch für die anderen Taten verantwortlich gemacht wird, wurde lange Zeit stillschweigend geduldet. Oder wurde es gar von Verfassungsschützern begleitet? Das zumindest wird nach einem Bericht der Bild Zeitung vermutet. Im Unterschlupf der rechten Terrorbande in Zwickau entdeckten Polizeifahnder nämlich ”legale illegale Papiere” der Täter. Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gab an ”dass solche Papiere im Regelfall nur verdeckte Ermittler erhalten, die im Auftrag des Nachrichtendienstes arbeiten und vom Nachrichtendienst geführt werden. Das heißt: die in enger Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst agieren.”

”Gesellschaftliche Duldung”
Unter dem Schatten der gesellschaftlichen Duldung hat sich der Rechtsradikalismus schleichend um sich gegriffen. Es liefert den Nährboden für den Fremden-Hass, für den Antisemitismus und die Intoleranz gegenüber Andersartigen. Ähnlich wie die Tentakel eines Kraken saugt es das Macht-Vakuum in der deutschen Gesellschaft auf und verdrängt zunehmend das Rechtssystem. Es hat sich, wie im Falle von Sarrazin verdeutlich wurde, als das ”Sprachrohr der Sprachlosen” bezeichnet. Verwundern uns nun diese Taten angesichts der zunehmenden Tendenz ”Rechter Gewalt” in der deutschen Gesellschaft? Obwohl sich rechtsextreme Einstellungen in Deutschland schwächen, zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung in 2008, warnen die Autoren derselben Studie, Oliver Decker und Elmar Brähler, dass braunes, antisemitisches und autoritäres Gedankengut weit verbreitet ist in Deutschland, im Osten zum Teil mit steigender Tendenz. Dieser hat im Zuge der Sarrazin-Debatte sogar zugenommen. Nimmt man den kumulativen Anteil derer die den Fragen der Wissenschaftler in der oben genannten Studie teilweise, überwiegend und voll zustimmen so baut sich für Deutschland ein düsteres Zukunftsbild im Horizont auf. Auf der Grundlage dieses Zukunfts-Bildes steht die Sehnsucht nach Diktatur und einem Führertum. Ein deutlich braun gefärbter Hintergrund des Bildes verwischt die Klarheit der deutschen Demokratie; denn, etwa 29% der Deutschen stimmen mindestens teilweise zu, dass die Diktatur die bessere Staatsform für Deutschland ist. Über 30% stimmen mindestens teilweise zu, dass Deutschland einen Führer braucht. Fremdenfeindlichkeit als deutliche Schattenstrukturen im Vordergrund; denn etwa 65% stimmen mindestens teilweise zu, dass Ausländer den Sozialstaat ausbeuten und fast ebenso viele meinen arbeitslose Ausländer müssten abgeschoben werden. Antisemitismus unscheinbar in der Morgenröte der aufgehenden Sonne; denn mehr als 30% der Befragten stimmen mindestens teilweise zu, dass die Juden nicht zur deutschen Gesellschaft passen.
Das Resümee

Trotz der beklemmenden gesellschaftlichen Situation ist das Resümee der Wissenschaftler, dass Deutschland über “eine stabile Demokratie und eine gesunde Wachsamkeit gegenüber Rechtsextremismus” verfügt. Wenn die politische und gesellschaftliche Aufklärungsarbeit zum Rechtsextremismus fortgeführt werde, dann bestehe die Hoffnung, dass rechtsextreme Einstellungen noch weiter zurückgingen. Obwohl ich, angesichts der Art und Weise wie die Sarrazin-Debatte in Deutschland geführt wurde, weniger optimistisch bin sage ich: ”Deutschland gehört uns Allen. Auch wir, die sich für dieses Land aussprechen sind in der Pflicht das Land politisch und gesellschaftlich so zu gestalten, dass ein gemeinsames Leben von einheimisch Deutschen und den Wahldeutschen möglich ist, ohne Hass, Missgunst und Misstrauen. Die Zukunft gehört uns Allen und dafür lohnt es sich gesellschaftlich wie politisch einzusetzen und sich persönlich diesbezüglich zu engagieren.”

Dr. Ali Sak

Inal

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